Stuttgarter Nachrichten vom 21.12.2002

Größte Passivhaussiedlung in Zell geplant
Neue Dimension in der Region - Kritik an fehlender Nahverkehrsanbindung

Esslingen - Die größte Passivhaussiedlung der Region Stuttgart will die Stadt Esslingen im Zeller Egert realisieren. Noch ist allerdings der Protest gegen das Neubaugebiet nicht verstummt. Kritiker monieren die Lage fernab des öffentlichen Nahverkehrs.

VON ANNETTE MOHL

Trotz des noch immer massiven Bürgerprotestes an den geplanten Neubaugebieten ist die Besiedlung im Zeller Egert im Gemeinderat nahezu unumstritten. So votierte der Ausschuss für Technik und Umwelt jetzt auch fast einstimmig für die Passivhaussiedlung aus 100 Gebäuden mit 110 Wohnungen. Der seither geplante Anteil von 40 Prozent Passivhäusern wird nun auf 80 Prozent erhöht. Die Siedlung ist damit genauso groß wie das bekannte Pendant in Ulm-Sonnenfeld.
"Das ambitionierte Energiekonzept für den Egert erhält damit ein noch innovativeres Profil", freut sich OB Jürgen Zieger über den Beschluss. Demnach könnten in Zell 76 Gebäude mit 8 6 Wohnungen im Passivhausstandard errichtet werden. Für 24 Gebäude mit 24 Wohnungen empfehlen Experten Erdwärmesonden mit elektrisch betriebenen Wärmepumpen. Damit könnte insgesamt ein Standard er-reicht werden, der die Vorgaben der Energieeinsparungsverordnung um 60 Prozent unterschreitet. Geprüft wird außerdem, ob Solarkollektoren und Fotovoltaik zum Einsatz kommen.
Der Ortschaftsrat in Zell hatte den Stein ins Rollen gebracht und letztlich für die Erhöhung des Anteils der Passivhäuser auf 80 Prozent gesorgt. Die zunächst vorgesehene Quote von 40 Prozent plus Nahwärmeversorgung des Gebiets über ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk erschien den Mitgliedern zu wenig innovativ. Der jetzt erTeichte Standard wird von der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit einem zinsgünstigen Dar" lehen gefördert.

Arbeitskreis: "Schindmähre wird kein Rennpferd"

Wasser in den Wein gießt allerdings der Arbeitskreis "Kein Neubaugebiet Zeller Egert". Die hervorragende Energiebilanz bei spektakulären 80 Prozent Passivhäusern werde nämlich dadurch verwässert, dass das Gebiet ohne Busanbindung sei. Bei zwei Autos pro Wohneinheit bleibe unter dem Strich kaum noch eine Energieersparnis übrig. Der Weg in den Kindergarten, zur Schule, zum Einkaufen und zur Arbeit werde größtenteils mit dem Auto zurückgelegt. Arbeitskreissprecher Werner Barth: "Die Fehlplanung des Baugebietes mit seinen ökologisch katastrophalen Auswirkungen wird mit diesem Beschluss nicht besser - eine Schindmähre wird durch ein noch so tolles Zaumzeug auch kein Rennpferd."