Esslinger Woche vom 11.12.2002

Größte Passivhaussiedlung der Region im Zeller Egert
Baugebietsgegener: Autoverkehr zehrt Energieeinsparung auf

Esslingen (blu) - Der Passivhaus-Anteil an den im Baugebiet Egert in EsslingenZell geplanten 100 Gebäuden mit 110 Wohnungen soll von seither geplanten 40 auf 80 Prozent erhöht werden. Dies beschloss der Ausschuß für Technik und Umwelt (ATU) des Esslinger Gemeinderates bei nur einer Gegenstimme. Der Arbeitskreis Kein Neubaugebiet Zeller Egert' hält dem entgegen, dass wegen fehlender Verkehrsinfrastruktur der zu erwartende große Individualautoverkehr von einer Energieeinsparung nicht mehr viel übrig lasse,

"Das ambitionierte Energiekonzept für den Egert erhält damit ein noch innovativeres Profil", zeigte sich jedenfalls OB Dr. Jürgen Zieger über den Beschluß des ATU erfreut. Demnach könnten im Egert 76 Gebäude mit 86 Wohnungen wirtschaftlich im Passivhausstandard errichtet werden. Für 24 Gebäude mit 24 Wohnungen empfehlen die von der Stadt Esslingen beauftragten Experten Erdwärmesonden mit elektrisch betriebenen Wärmepumpen. Damit könnte ein Standard erreicht werden, der die Vorgaben der Energieeinsparungsverordnung um 60 Prozent unterschreitet. Geprüft wird zudem, in welchem Umfang Solarkollektoren und die Photovoltaik zum Einsatz kommen sollen.

Am 14. November hatte der Ortschaftsrat Zell den Ergebnissen einer ergänzenden Untersuchung der Firma ebök zum Energiekonzept zugestimmt. Zuvor hatte der Ortschaftsrat im April eine Lösung mit einer Quote von 40 Prozent für Passivhäuser und einer Nahwärmeversorgung des Gebietes über ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk als zu wenig innovativ kritisiert. Die Nahwärmeversorgung mit Heizzentrale entfällt nun zugunsten der Variante 80% Passivhäuser / 20 % Häuser nach KfW 40 (= 60% unter dem EnEV Standard). Dieser Standard KfW 40 wird von der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit einem zinsgünstigen Darlehen gefördert.

Arbeitskreis:
Gesamtenergiebilanz negativ

Den Arbeitskreis Kein Baugebiet Egert' überzeugen diese Argumente nicht. Seiner Meinung nach sieht die Gesamtenergiebilanz so aus: "80 % Passivenergiehäuser, aber keine Busanbindung - dafür aber zwei Autos pro WohneinheiC, so die Gegner des Neubaugebiets. "Was bleibt dann noch von der Energieeinsparung eines Passivenergiehauses übrig?", fragt Werner Barth, Sprecher der Bürgerinitiative.

Mit der geplanten Erhöhung des Anteils der Passivenergiehäuser würden die unbestreitbaren Energieeinsparmöglichkeiten durch die Lage des Neubaugebiets ad absurdum geführt. Weitab jeglicher Verkehrsinfrastruktur bleibe von der Energieeinsparung nichts mehr übrig. "Der Weg in den Kindergarten, zur Schule, zum Einkaufen und nicht zuletzt zur Arbeit wird größtenteils mit dem Auto zurückgelegt werden, was den energetischen Nutzen eines Passivhauses locker wieder Zunichte macht", befürchtet Barth. "Die vom stadteigenen Gutachten von 1989 belegte Fehlplanung des Baugebiets Zeller Egert mit seinen ökologisch katastrophalen Auswirkungen wird mit diesem Beschluss nicht besser", unterstreicht Barth. Und: "Die berechtigten Interessen der heutigen Bewohner von Zell und deren Lebensqualität scheinen trotz besseren Wissens keine große Bedeutung bei unseren gewählten Vertretern zu spielen - das ist der eigentliche Skandal."